 Konzertbericht
Rock Factory
Schlossfest - Saarwellingen
03.08.2019

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Unser Konzert-Special

Rock Factory live on Stage – Klappe, die zweite! Nachdem wir den allerersten Auftritt der Jungs in Ensdorf miterlebt hatten, passte es ideal, dass ihr zweites Konzert auf dem Schlossfest in Saarwellingen statt fand. Die Bühne konnte ich vom Fenster aus sehen, aber direkt vorne dran macht mehr Spaß und die paar Meter schafft man auch noch in angeschlagenem Zustand.
Auf solchen Festen dauert ein Auftritt um einiges länger, die Rock Factory nahm die Bühne Rathaus von 19.00 bis 0.00 Uhr in Beschlag. Natürlich machen die Bands zwischendurch Pausen, aber sie brauchen trotzdem eine ausgiebige Setlist. Aus meinem Interview mit Sänger Martin Herrmann wusste ich, dass sie weitere Songs eingeübt hatten und Neugier ist in Sachen Musik mein zweiter Vorname...
Vor dem Gig bekam ich die Setlist und alle Musiker unterschreiben sie. In dieser Kombi finde ich Autogramme interessant. :-) Um 19.00 Uhr hieß es für die Sänger Martin Herrmann und Dennis Klein, die Gitarristen Patrick Fey und Florian Kochems, Bassist Felix Hedrich, Keyboarder Rüdiger Forse sowie Drummer Manuel Langenfeld sammeln und ab Marsch auf die Bretter, die die Welt bedeuten. Die Bühne hatte eine gute Breite und Tiefe, bot somit genügend Platz für die sieben Herren und ihre Arbeitsgeräte.
Bei Stadtfesten ist die Mehrheit der Menschenmenge immer wieder in Bewegung, von Stand zu Stand, gerne auch mit Zwischenstopp an einem der Futtertempelchen, man schaut bei der Kirmes vorbei... oder richtet sich einfach nur häuslich vor einer der Bühnen ein. Meine Schwester Doris und ich konnten uns einen der Stehtische sichern, die auch ideal zum Abstützen und Anlehnen geeignet waren. Die Dinger weckten zudem den Wandertrieb. Wenn Musiker sagen „kommt doch näher“ und alle schnappen ihre Tische und wackeln los – war bestimmt ein tolles Szenario... und das wiederholten wir ein bis drei Mal... ;-)
  
Es kommt ja eher selten vor, dass man bei Auftritt Nr. 1 und 2 einer neuen Kombo dabei sein kann. Ich war sehr gespannt, wie sich die Band seit Mai weiterentwickelt hat. Wie ihr sehen könnt, war die Setlist wirklich extrem lang. Den rein instrumentalen Opener Child's Anthem gab es diesmal in einer verlängerten Version, da ein Notenreigen Marke Eigenbau angehängt wurde. Feine Sache! Die Lightshow kam nicht sofort zur vollen Entfaltung, da sie ja bei Tageslicht starteten. Später am Abend allerdings zauberten die bunten Lichter eine tolle Atmosphäre.
Der Blue Collar Man von Styx an Position 2 sorgte gleich mit Schmackes für einen heftigen Ausschlag des Stimmungsbarometers. Die ersten Töne des markanten Keyboardparts und schon saß ich in der Zeitmaschine Richtung Teenagerzeit, 40 Jahre zurück, auf eine gewisse Art ging es den alten Knochen umgehend etwas besser. Sänger Dennis Klein, der Schodener Tommy Shaw, brachte den Flair der Nummer optimal rüber. Beim Boston Doppel Amanda & More Than A Feeling sowie Van Halens Why Can't This Be Love begeisterte er mich total und vor allem die sehr hohen Töne verpassten mir dicke Gänsehaut.
Selbiges schaffte Martin Herrmann mit den Journey Klassikern Stone In Love und Seperate Ways. Sein Kenny Loggins Medley sorgte für viel Bewegung, denn Danger Zone (Soundtrack „Top Gun“) & Footloose (Soundtrack „Footloose“) geben ordentlich Gas und hauen herrlich ins Gebein. Rainbows Since You've Been Gone rockte Martin extrem leidenschaftlich; Asias Heat Of The Moment riss die Menge mit und der Schlossfest-Chor stieg beim Refrain lautstark ein. Bassist Felix Hedrich riet Take It Easy / Eagles und dabei blieb es. Schade, dass er nicht noch ein oder zwei Lieder mehr singt, ich mag sein Timbre.
Bei Kansas' Carry On Wayward Son passte der Stimmenfächer am Anfang dieses Mal auf den Punkt. Dennis Klein glänzte mit seinem gefühlvollen Gesang ebenso wie die Herren an den Instrumenten, insbesondere Keyboard und Gitarren sammelten Sonderpunkte. Ride Like The Wind (Christopher Cross), Hard To Say I'm Sorry (Chicago) sowie Power Of Love (Huey Lewis And The News) waren sehr willkommen, da ich sie schon länger nicht mehr gehört hatte und die RF Versionen top rüberkamen. Als jahrzehntelanger KISS und Loverboy Fan fühlte ich mich verwöhnt. Working For The Weekend (Loverboy) ging ab wie's Zäpfchen, die Nummer mit dem schmissigen Rhythmus groovte optimal.
   
Crazy Crazy Nights von KISS hörte ich beim Soundcheck, im regulären Programm und auf besonderen Wunsch nochmals kurz vor Schluss. Es fehlten nur der Dress und das Make-Up von Paul Stanley. ;-) Dennis Klein fegte über die Bühne und sang klasse, viel besser als Herr S. aus USA die Lieder inzwischen trällert. Beim Queen Song des Abends verkündete der Chor energisch: I Want It All And I Want It Now... wobei so einige sicher nur das nächste und übernächste Bierchen meinten. :-) Solche Refrains, die das Mitsingen herauskitzeln und die Hände in die Höh sausen lassen (halleluja, bitte ohne Smartphones darin), peitschten die Stimmung noch ein Stück höher. Das traf auch auf den Bon Jovi Klassiker Livin' On A Prayer zu, der als zweite Zugabe ins Rennen ging. All diese Songs zählten zu meinen Highlights – es fehlen noch die Oberkracher ;-)
Poison (Alice Cooper) und Rebel Yell (Billy Idol) waren Frischlinge in der Setlist, beide von Martin Herrmann gesungen. Perfekt dazu seine Mimik und Gestik... wie er bei den Strophen von Poison über die Bühne schlich, dabei seinen Stimmbändern recht raue Töne entlockte, sein wilder Blick, sehr passendes Licht, fast schon etwas gruselig, beim Refrain explodierte Martin dann regelrecht, hossa! Bei Rebel Yell zog er Schnütchen und ging ab wie ein Punk-Rumpelstilzchen. Abgefahren und fesselnd, Volltreffer! Die finale Zugabe war wieder der Journey Song Don't Stop Believin', dieses Mal aber von beiden Sängern gemeinsam mit viel Herzblut und Power gesungen. Sie rissen alle mit, eine wirklich unvergessliche Version mit einer enormen Anzahl an BackgroundsängerInnen.
Mein absoluter Überflieger: Purple Rain, im Original von Prince, an diesem Abend mit Dennis Klein am Mikro. Die Gänsehaut hatte Kirmes - Dennis sang so intensiv, gefühlvoll, leidenschaftlich, mal mit geschlossenen Augen, mal auf der Bühne kniend, im lila Scheinwerferlicht, die hohen Töne, der verzweifelt-wütende Part... Man sah jede Menge hochgestreckter Arme, die im Rhythmus wippten. Das Lied bekam eine Verlängerung, da die Zuschauer nicht mehr aufhörten, das „Ohohoh“ zu trällern. Man glaubte Dennis jedes Wort und es ist eine besondere Kunst, ein Cover zum eigenen Song zu machen. Dieser Hochgenuss verschaffte mir feuchte Augen. Es waren magische Minuten und Dennis Klein wurde dafür abgefeiert. Er bedankte sich ausgiebig und teilweise kniend beim Publikum. Ich meinte, Anzeichen tiefer Rührung zu sehen...
   
Man merkte deutlich, dass die Texte bei vielen noch abrufbereit im Gehirnschublädchen lagern. Die Stimmung stieg ständig, man sah glückliche Gesichter, denn sicherlich fühlte eine beachtliche Anzahl der Zuschauer eine ähnliche Verbundenheit zu der Mehrheit der ausgewählten Songs wie ich. Natürlich gab es zwischendurch Ansagen, mit Infos zur folgenden Nummer und/oder kleinen Kabbeleien zwischen Martin und Dennis. Martin Herrmann schien beim Schlossfest mit jedem Lied mehr außer Rand und Band zu geraten. Er bewies mit Nachdruck seine Qualitäten im Bereich Animation und Rampensau, düste hin-her-vor-und-zurück, pushte die Leute vom Bühnenrand aus, spielte exzellent auf der Luftgitarre, zeigte sein Talent an den Luftdrums. Da brach mir nur vom Zuschauen der Schweiß aus. ;-) Wenn Dennis und Martin miteinander schäkerten oder sich hinsetzten und die Beine baumeln ließen, wirkten sie wie Lausbuben mit verdammt begnadeten Stimmbändern. Ich mag diese lockere Art und lache gerne.
Die Musiker werden dieses Wochenende voll Liebe, Rock & Party sicher in bester Erinnerung behalten. Gitarrist Florian Kochems hatte am Freitag geheiratet, samstags gab die Rock Factory auf dem Schlossfest Gummi und dort wurden kurz vor 0.00 Uhr Spritzkerzen im Publikum verteilt, denn: Keyboarder Rüdiger Forse musizierte in seinen Geburtstag hinein. Das „Happy Birthday“ für ihn war ein Gesamtkunstwerk im Stil der frühen Fischer-Chöre. :-)
Ich nehme mir generell das Recht heraus, auch in Sachen Musik immer meine ehrliche Meinung zu sagen bzw. zu schreiben. Honig ums Mäulchen schmieren bringt kreativen Menschen im Grunde genommen nichts. Viele Songs der Rock Factory Setlist kenne und trällere ich halt schon seit Jahrzehnten. Daher bemerke ich fehlenden oder falschen Text ebenso wie unpünktliche Einsätze aller Art. Fehlt ein Satz bei Bostons Amanda, ist es ein Frevel, ;-) da ich die Nummer wirklich liebe. Beim Immigrant Song / Led Zeppelin hatte ich noch einiges mehr an Worten parat, der lief arg unrund und endete als Unvollendete. Rocket von Def Leppard ist ein eckig-kantiges Rhythmusmonster, da verloren sich die Instrumente mal kurz und die Abstimmung passte nicht mehr. Das alles ist allerdings jammern auf hohem Niveau. Live ist live, das kann nie komplett perfekt laufen und erst recht nicht bei der Spiellänge dieses Abends... meine Meinung.
   
Gesamt gesehen zelebrierte die Rock Factory eine Rock-Party vom Feinsten. Sie überzeugten mit der Auswahl der Nummern, ihrer Leidenschaft für diesen Musikstil und knieten sich intensiv rein. Man bemerkte eine deutliche Veränderung gegenüber dem Gig in Ensdorf. Die Herren harmonierten noch besser zusammen, wirkten lockerer und sicherer. Sie zogen mit ihrer Performance viel Publikum an, brachten die Leute zum Singen, Klatschen, Abrocken. Die Sänger legten los wie einst im Mai, blieben auf der Bühne, auch wenn sie nicht mit dem Leadgesang dran waren. Die Gitarristen Patrick Fey und Florian Kochems bewiesen einzeln ihre Klasse, aber wenn sie gemeinsam die flinken Finger fliegen ließen, war es ein Träumchen. Bassist Felix Hedrich und Drummer Manuel Langenfeld zeigten, wie ein cooles Rhythmusduo grooven sollte und Keyboarder Rüdiger Forse bearbeitete seine Tasten exzellent. Es hat verdammt viel Spaß gemacht und die Spielzeit flog dahin. Auftritt Nr. 3 lasse ich aus – mit Festzelten hab ich es ganz und gar nicht. Wir werden aber definitiv wieder bei Konzerten der Rock Factory aufschlagen. So, alles verzeehlt un fertisch wäär eisch! :-)
Bericht & Fotos ©2019 by Marion Ney
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