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Konzertbericht
Die barmherzigen Plateausohlen
Greesentag - Saarwellingen
08.02.2018
Greesentag Saarwellingen
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Vorab ein paar Worte für Kulturinteressierte bzw. Neugierige, die mit dem Wort „Greesentag“ nichts anfangen können. Im Saarland zelebriert man die Faasend in manchen Ecken recht intensiv und in einer davon wohne ich. Die Altweiberfastnacht wird „fetter Donnerstag“ genannt... außer in Saarwellingen. Bei uns ist das der Greesentag, der über die Grenzen hinaus bekannt ist, eine ellenlange Tradition und den Stellenwert eines Nationalfeiertages hat. Zwei Umzüge, Rathaussturm, Feuerwerk, zwei Festzelte, Halligalli in den Kneipen – es geht rund, bis in die Puppen. Allerdings lief es schon ewig so ab, ohne große Veränderungen und die Verantwortlichen wollten den Ablauf 2018 etwas umgestalten. Eine der Neuerungen: für 17 Uhr kündigten sie ein Konzert auf der Bühne vor dem Rathaus an. Die barmherzigen Plateausohlen sollten die Stimmung anheizen und es gab null Zweifel daran, dass sie das auch schaffen würden. Die mehrheitlich aus Saarländern bestehende Kombo ist berühmt-berüchtigt für ihre mitreißenden Schlagerpartys.
Im November 2017 feierten die Plateausohlen ihr 20jähriges Bestehen – ein Jubiläum der besonderen Art, das heutzutage nicht mehr allzu viele Bands gebacken bekommen. Es gab im Laufe der Jahre ein paar Änderungen im Line-Up, aktuell sind diese sieben Herren als Missionare der Liebe unterwegs: Sänger Mischael Plateau, Gitarrist Frank Fotter, Bassist Lars Krismes, Keyboarder Don Schnulze, Drummer Roman Ticker, Saxophonist Rene Martin und Trompeter Roy Bär. Ihr Motto: „Macht die Liebe wieder groß“, was in neumodischem Zaunzeichen plus Schlagwort auf auswärts so aussieht> #makelovegreatagain.
Es war angerichtet, die Instrumente aufgebaut, im Hintergrund prangte ein Greesenkopf, überall verteilt hingen BHs in diversen Farben und ein Kasten bleifreier Gerstensaft stand auch parat. Pünktlich um 17 Uhr startete das Intro und noch hatten sich nicht so viele Menschen vor der Bühne eingefunden. Stimmungsvoller Einzug der Musiker – in Bademäntel gehüllt, mit Fackeln und Plüschherz in Händen. Jeder trat zu Sänger Mischael Plateau nach vorne, pustete seine Fackel aus, entledigte sich seines Bademantels und eilte zu seinem Instrument. Die Klamotten – wirklich jenseits von Eden. ;-) Grelle Farben, schräge Muster, selbst das Fernsehtestbild aus alten Zeiten fand eine Wiederverwendung als Sakko, Schlaghosen, Pullunder des Grauens, Brille Marke Fliege Puck und natürlich viel schickes Schuhwerk mit Plateausohlen – bei dieser Pracht wurde einem vom Draufgucken schon ganz warm ums Herzchen, wobei der Körper dank der Kälte noch fror. Sie legten los und aus allen Knopflöchern kamen die Faasendbozen zur Bühne geeilt – der Lockruf der Missionare der Liebe fand Gehör und die Party ging ab!
Die Truppe ist nicht nur für erstklassige Instrumentenbearbeitung bekannt... Spaß wird bei ihnen in Schriftgröße 20, fett und kursiv geschrieben. Sänger Mischael Plateau trug seine Ansagen mit Wortwitz vor, düste ständig auf der Bühne hin und her, mal schwebte er elfengleich, dann hüpfte er wie ein Flummi, machte Abstecher ins Publikum. Er ist zudem ein Animateur vor dem Herrn, hatte die Zuschauer umgehend im Griff. Uns wurden spezielle Gesangsparts zugewiesen, wir klatschten, hopsten und tanzten, auf Kommando und freiwillig. Bewegung tat Not, weil es doch arg kühl ums Gebein wehte. Außerdem hatten wir mehrfach einen Sondereinsatz in Form des letzten Wortes des folgenden Spruches> „Die barmherzigen Plateausohlen, das sind wir und ihr seid unser... Publikum!“ Sie spielten über zwei Stunden, die Stimmung kochte hoch, jedes Lied wurde bejubelt, alle sangen mit, es machte einen Heidenspaß und der Launepegel jagte nach oben!
Die Setlist – ein wahres Leckerchen. Ich bekomm nicht mehr alle gespielten Songs zusammen, aber es waren Schlager aus meiner Jugend/Teenagerzeit, die auf unseren Partykeller-Feten rauf und runter liefen. Ich bin sehr früh zu Rock & Metal abgebogen, aber die goldenen Schlager-Oldies von anno Tobak hab ich auch gelebt/geliebt/gefeiert und liefere sie genauso textsicher wie z. B. Status Quo, Kiss, Guns N' Roses, Def Leppard, Foreigner oder Journey ab. Es erstaunte mich, dass wirklich noch komplett alle Texte in meinem Kopf schlummerten – danke an die Plateausohlen fürs Wiederbeleben dieser Gehirnsektion.
Wir beschworen Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben, besangen die abgängige Candida, die wohl mit dem Profil 17 Jahr, blondes Haar punkten konnte, betrauerten den Auszug von Alice, vermissten Mamy Blue, erörterten die Nachteile, die Ein ehrenwertes Haus so mit sich bringt, verkündeten Rote Lippen soll man küssen und Ich möcht der Knopf an deiner Bluse sein, fragten uns Sag mir quando, sag mir wann?
Man kredenzte uns Himbeereis zum Frühstück und Griechischer Wein wurde entkorkt, wir flogen Über den Wolken nach Mendocino, Moskau und Amarillo, verkündeten tapfer Wunder gibt es immer wieder, sinnierten Tränen lügen nicht und gestanden Ich war noch niemals in New York.
Während der mexikanische Speedy Gonzales unterwegs war, um Tortillas und Cerveza zu kaufen, trieb es seinen saarländischen Kollegen Drummer Roman Ticker in den Globus zum Fleischkäsweckchen-Kauf. Bei Im Wagen vor mir fehlte natürlich eine Uschi, deren Text dann Keyboarder Don Schnulze mit glockenklarem Stimmchen ins Mikro säuselte. Irritierte Gesichter gab's nur einmal - Der Hund von Baskerville war nicht jedem geläufig. Cindy & Bert coverten dunnemals Black Sabbaths Paranoid, schwupps, wieder bei Rock & Metal gelandet, der Kreis schließt sich.
Einige Songs erforderten zusätzliche Utensilien. So kurvte Mischael Plateau bei Im Wagen vor mir mit Lenkrad in der Hand über die Bühne, mal trugen die Herren Fellmützen, mal Sombreros. Auch körperlich wurde geackert, das ging von einer gekonnten Kasatschok Tanzeinlage bis hin zu mehreren akrobatischen Elementen, deren Schwierigkeitsgrad sich steigerte. Eine ansprechende Show kommt immer gut und ein bisschen Spaß muss sein, aber die Musik hat den höchsten Stellenwert. Die barmherzigen Plateausohlen geben den Liedern einen eigenen Touch, ohne die Schlager-Perlen zu verfremden. Mal ein bisschen Reggae Feeling, ein härterer Gitarrenpart, eine geänderte Tonlage, einen Tacken schneller oder langsamer, Saxophon und Trompete steuern das Ihre dank hervorragendem Einsatz dazu bei.
Die sieben Plateausohlen konnten mich voll und ganz begeistern! Das Komplettpaket ist fantastisch und der Ausflug in die Vergangenheit war ein Volltreffer. Ich liebe das Saxophon und hatte schon lange keine Möglichkeit mehr, einen Könner live spielen zu hören. Daher möchte ich für Saxophonist Rene Martin hier ein Sonderlob abparken und für alle ein riesiges Dankeschön für diesen gelungenen Trip in eine längst vergangene Zeit. Bis bald mal wieder... irgendwie, irgendwo, irgendwann... Ihr seid die barmherzigen Plateausohlen und ich war Teil eures... Publikums!
Thomas, Jupp und Beate – es war mir eine Ehre, mich mit euch durch die Setlist zu singen. Doris, Rita, Silvia und Christiane – wir müssen da mindestens einmal gemeinsam hin! ;-)
Report und Fotos ©2018 by Marion Ney
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